Weihnachtszeit, stressige Zeit!

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Gewerkschaftliche Gedanken zum Angriff auf das Sonntagsarbeitsverbot

Die Tage werden wieder kürzer, die Temperaturen sinken und die farbigen Blätter wirbeln wild im Wind. Die ersten funkelnden Weihnachtslichter werden installiert und kündigen die bevorstehende Weihnachtszeit an. Während den einen eine besinnliche und magische Weihnachtszeit mit duftenden Kerzen, feinen Weihnachtsguezli und dem Besuch des Samichlaus bevorsteht, bedeutet die vermeintlich besinnliche Weihnachtszeit für die anderen einfach nur Stress und eine zusätzliche hohe Belastung. Die Rede ist von tausenden von Detailhandelsangestellten, die sich in der Weihnachtszeit weder den schönen Dingen hingeben noch zurücklehnen können. Weihnachtszeit bedeutet für uns Stresszeit!

Sie wollen uns den Sonntag wegnehmen

Schichtarbeit und an sechs Tagen die Woche zu schuften, ist auch für mich normaler Alltag. Als Kassiererin im Detailhandel ist es üblich, auch am Samstag an der Kasse zu stehen und für die Kunden da zu sein. Die Arbeit bereitet mir zwar sehr viel Freude, allerdings wird die Belastung von Jahr zu Jahr immer grösser. Ich mag den Austausch mit den Kunden, aber die Arbeit verlangt einem auch viel ab. Es wird immer schwieriger, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Ich verpasse oft sehr viel vom Sozialleben und nach den anstrengenden Schichten bin ich oftmals zu müde, um noch irgendetwas zu unternehmen. Guezli backen? Mit meinen Kindern Schlittschuh laufen? Tja, für solche Dinge bleibt mir keine Zeit und oft fehlt mir auch einfach die Energie dazu.

Und nun wollen sie uns zusätzlich zum sonst schon anstrengenden Schichtalltag auch noch den Sonntag wegnehmen? Der Bundesrat will Städte zu Tourismuszonen mit Sonntagsarbeit erklären. Der Kantonsrat hat erst vor zwei Wochen eine Parlamentarische Initiative der FDP angenommen, die die Anzahl der Sonntagsverkäufe von vier auf zwölf Sonntage pro Jahr ausweiten will, wenn der Bund damit einverstanden ist. Das würde bedeuten, dass ich und meine Kolleginnen, die im Verkauf arbeiten, künftig dreimal so oft am Sonntag aufgeboten werden können. Zwölf Sonntage im Jahr oder ein fixer Sonntag im Monat wären dann Arbeitstage für uns, während unsere Familien und unsere Freundinnen und Freunde frei haben und die Krippen geschlossen sind. Einfach mal Ausschlafen am Sonntag, Brunch mit der Familie oder ein Sonntagsausflug? Künftig ohne uns Verkäuferinnen! Und: Wo sollen meine Kolleginnen, die kleine Kinder haben und alleinerziehend sind, dann hin mit ihren Kindern, wenn sie am Sonntag arbeiten müssen? Viele meiner Kolleginnen im Verkauf sind Migrant:innen, ihre Familie ist auf der ganzen Welt verstreut und sie können ihre Kinder nicht einfach zu den Grosseltern bringen. Mit unseren tiefen Löhnen lässt sich kein privater Babysitter für einen ganzen Arbeitstag bezahlen.

Genug ist genug!

Vor allem vor Weihnachten macht der Sonntagsverkauf meiner Meinung nach keinen Sinn. Denn die Leute kommen vor allem zum Schauen, tatsächlich verkauft haben wir immer sehr wenig. Es braucht keinen Sonntagsverkauf, denn die Detailhandelangestellten leiden zu sehr unter der starken Belastung. Auch wir wollen soziale Kontakte pflegen, die Zeit mit unserer Familie geniessen und uns erholen können. Für Guezli und Grittibänz backen bleibt so schlichtweg keine Zeit.

Als Mitglied der Unia kämpfe ich gemeinsam mit meiner Gewerkschaft für die Rechte der Arbeitnehmenden und wehre mich gegen die Sonntagsarbeit. Wir kämpfen gegen den übermässigen Druck und die Belastung für das Verkaufspersonal an, weil uns schon jetzt sehr viel Flexibilität abverlangt wird. Aufgrund der langen Arbeitstage und der Schichtmodelle, ist die Vereinbarkeit von Arbeit, Familienpflichten und Freizeit eine grosse Herausforderung für die Beschäftigten im Detailhandel. Von weiteren Herausforderungen wie der Planbarkeit der Arbeitseinsätze, zunehmendem Sonntagsverkauf sowie Druck und psychischer Belastung durch Kundenkontakt und Stress ganz zu schweigen.

Auch wir wollen die besinnliche Weihnachtszeit geniessen und sie mit unseren Liebsten verbringen können. Einen Nachmittag lang in aller Ruhe Guezli zu backen? Oh ja, das wäre schön!

Kerstin Maurhofer, Jumbo-Kassiererin und Unia-Mitglied

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