Die Bevölkerung hat gesprochen. Sie hat klar entschieden, dass niemand in Winterthur und Zürich für einen Lohn arbeiten soll, der nicht zum Leben reicht. Mit einer überwältigenden Mehrheit wurden die kommunalen Mindestlohn-Initiativen angenommen – ein deutliches Votum für mehr soziale Gerechtigkeit. Dafür, dass sich Arbeit lohnen muss. Doch anstatt diesen Volksentscheid zu respektieren, versucht ihn der rechtskonservative Gewerbeverband mit allen Mitteln zu Fall zu bringen.
Wie ein täubelndes kleines Kind, welches seinen Willen nicht bekommt, reichten sie einen Rekurs beim Bezirksrat ein. Zu Recht wurde dieser abgeschmettert. Doch statt den Fehler einzusehen und endlich die Grösse zu haben, ihre klare Niederlage zu akzeptieren, rannten sie zur nächsten Instanz, bei der sie auf mehr Unterstützung hofften. Beim täubelnden Kind wären es die verwöhnenden Grosseltern, beim Gewerbeverband das Verwaltungsgericht. Und tatsächlich, die Strategie funktionierte.
Eine Mehrheitsmeinung des Verwaltungsgerichts gab dem arbeiter:innenfeindlichen Gewerbeverband Recht und erklärte die Initiative für ungültig. Eine Initiative, für welche mehrere Rechtsgutachten eingeholt wurden, welche alle zu dem gleichen Schluss kamen: die Einführung eines kommunalen Mindestlohnes ist zulässig und die Initiative damit gültig. Wie also das Verwaltungsgericht zu diesem Urteil kam, erscheint etwas fragwürdig. Ketzerische Stimmen könnten nun mit der rechtskonservativen Mehrheit der Richter:innen im Verwaltungsgericht argumentieren. Dass diese vielleicht ihren rechtlichen Spielraum und ihre Macht nicht ganz im Sinne der arbeitenden Bevölkerung genutzt haben. Doch dies ist gar nicht der springende Punkt.
Der springende Punkt ist die rechtskonservative Politik, ihre Verbände und ihre Lobby. Mit ihrem vehementen Kampf gegen den Mindestlohn und ihrer Ignoranz gegenüber demokratischen Mehrheitsentscheiden zeigt sie erneut ihr wahres Gesicht: Sie vergisst nicht nur die Menschen, die täglich für ihren Lohn schuften müssen, statt andere für sich arbeiten zu lassen. Sie stellt sich aktiv gegen diese Menschen und wendet Unmengen von Ressourcen auf, um zu verhindern, dass es der arbeitenden Bevölkerung besser geht. Und wofür? Für die Profite der Reichsten und der Grosskonzerne. Also für all jene, die wiederum grosszügig ihre Parteikassen füllen.
Und so mussten die Mindestlohn-Initiativen vorerst daran glauben. Denn mit ihrer Umsetzung hätten Unternehmen ihren Angestellten einen anständigen Lohn zahlen müssen. Dies wiederum hätte bedeutet, dass die Unternehmer:innen ihre eigenen, bereits vollen Taschen, mit etwas weniger Geld hätten füllen können. Mit etwas weniger von dem Geld, für welches sie andere arbeiten liessen.
Doch das letzte Wort in dieser Debatte ist noch lange nicht gesprochen. Wenn der Gewerbeverband glaubt, mit juristischen Tricksereien den demokratischen Willen der Menschen aushebeln zu können, irrt er sich gewaltig. Die Städte können das Urteil des Verwaltungsgerichts noch vor dem Bundesgericht anfechten.
Und die Forderung nach einem Mindestlohn ist Ausdruck eines tief verankerten Gerechtigkeitsgefühls. Dieses Gefühl ist stärker als die Millionenlobby hinter dem Gewerbeverband. Es wird nicht verblassen, sondern lauter werden. Wir stehen an der Seite all jener, die jeden Tag hart arbeiten und trotzdem kaum über die Runden kommen. An der Seite der Verkäufer:innen, der Pflegekräfte, der Handwerker:innen – und wir werden dafür kämpfen, dass ihre Arbeit endlich die Anerkennung bekommt, die sie verdient.
Hannah Pfalzgraf – GBKZ-Co-Präsidentin und Kantonsrätin SP