Die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat hat es wieder getan. Sie hat eine Vorlage der Regierung verschlimmbessert, um den Arbeitgeber:innen ein Geschenk zu machen. So wollte die Regierung eine unnötige Unternehmenssteuersenkung wenigstens mit einer Erhöhung der Dividendenbesteuerung kompensieren. Das wäre mindestens ein kleiner Schritt gewesen, den stossenden Unterschied zwischen der Besteuerung von Kapital und Arbeit zu verkleinern.
Doch die Wirtschaftslobby im Kantonsrat (zu der auch die GLP gehört) setzte dieser Idee ein Ende. Sie hat einmal mehr den Wunschzettel der Grosskonzerne umgesetzt. Die Kantonsfinanzen sind nicht mehr so rosig, wie auch schon. Die Regierung hat schon angekündigt, dass sie wichtige Investitionen in die ferne Zukunft verschieben möchten. Und genau jetzt soll das Kapital um 350 Millionen Franken entlastet werden.
Aus gewerkschaftlicher Sicht kann man nur den Kopf schütteln. Was nützt es Arbeitnehmer:innen, wenn ihre Firmen ein Prozent weniger Gewinnsteuern bezahlen? Vom Kanton hören sie dann nämlich: „Sorry, wir haben leider kein Geld für die KiTa. Nein, auch kein Geld für höhere Prämienverbilligungen.“ Die Bürgerlichen haben einmal mehr offengelegt, dass sie nicht die Anliegen der arbeitenden Bevölkerung vertreten, sondern nur jene der Konzerne. Und wenn man die Geschichte der Steuerpolitik im Kanton Zürich ansieht, ist dies nicht überraschend. Man muss schon fast von einem „Race to the Bottom“ sprechen.
In den letzten zwanzig Jahren wurden von den Bürgerlichen die Teilabschaffung der Erbschaftssteuer beschlossen, die Abschaffung der Handänderungssteuer, die Halbierung der Kapitalsteuer, die schonmalige Senkung der Unternehmensgewinnsteuer und die Halbierung der Dividendenbesteuerung. Der Kanton verliert damit Millionen an Steuergeldern, und zwar jährlich. Aber damit nicht genug: Im Kantonsrat sind weitere Vorstösse von FDP, SVP und GLP hängig die in die gleiche Kerbe schlagen. Aktuelle Beispiele betreffen Umgehungsmöglichkeiten für die vom Volk beschlossene OECD Mindestbesteuerung. Deshalb werden wir auch das Referendum gegen die unnötige Senkung der Unternehmenssteuer ergreifen, denn die Bevölkerung und nicht nur die Mehrheit der Finanzlobby im Parlament soll darüber entscheiden. Dies wird nicht einfach, denn diesen Abstimmungskampf wird sich die Wirtschaftslobby einiges kosten lassen. Was sind schon einige 100‘000 Franken, wenn man dafür jedes Jahr Millionen sparen kann.
Für uns als Vertreter:innen der Arbeitsnehmenden heisst das nun folgendes: Wir müssen kämpfen! Kämpfen für Projekte, wie tiefe KiTa-Kosten, eine hervorragende Volksschule, günstige Krankenkassenprämien und mehr bezahlbaren Wohnraum. Denn diese kommen der Mehrheit der Bevölkerung zu Gute. Wir müssen dafür kämpfen, dass die grossen Vermögen und Firmen nicht einfach durchmarschieren können, sondern dass auch sie, wie wir Lohnabhängigen, gerecht und fair Steuern bezahlen. Und deshalb müssen wir auch für ein Nein zu dieser unnötigen Senkung der Unternhemensgewinnsteuer im Kanton Zürich kämpfen. Stoppen wir dieses «Race to the Bottom» und zeigen wir der bürgerlichen Mehrheit im Kantonsrat auf, dass sie den Bogen überspannt haben und endlich wieder die Lohnarbeit ins Zentrum ihrer Politik stellen sollten, statt die Wünsche des Grosskapitals.
Rafael Mörgeli - Kantonsrat SP und Mitglied der Gewerkschaft VPOD